Ich bin ein Bodenchroma.
Ich bin zwar einzigartig, aber reproduzierbar. Meine Mutter hatte sich viele Jahre mit Komposten und dabei vor allem mit Terra Preta beschäftigt. Sie kennt sich ein bisschen aus mit der Materie und auch mit der Chemie, aber sie war mit den normalen Laborberichten nie zufrieden. Da hatte sie nun eine Menge Zahlen in einer Tabelle, die sicher auch einen gewissen Sinn ergaben, aber Sie konnte nie so richtig wissen, ob ihre Komposte auch gut gelungen waren.
Das mussten ihr letztendlich die Pflanzen sagen und die sagten auch sehr widersprüchliche Dinge. Zum Glück fand sie dann durch „Zufall“ eine Versuchsvorschrift, die am Ende etwas über die Lebendigkeit ihrer Substrate aussagen sollte. Dieses Ende bin ich, oder meine inzwischen viele hundert Geschwister. Ich bin das Ergebnis von viel Geduld, Genauigkeit und diffusem Licht. Ich entstehe in handgemachter, traditioneller Laborarbeit und bin sehr schön. Wer weiß, wie ich zu lesen bin, dem sage ich viel über:
_den Boden, aus dessen Extrakt ich entstanden bin
_darüber, wie die Struktur des Bodens ist
_darüber, wie die Besiedlung mit Bakterien und Pilzen ist
_darüber, wie die mit einander harmonieren
_darüber, wie gut der Humuszustand des Bodens ist
_ob er erosionsgefährdet ist
Aber ich bin nicht ganz so leicht zu haben. Es gibt schon viel misslungene Exemplare von uns, die dann die Wand des Labors schmücken. Manchmal wäre ich lieber misslungen, denn dann müsste ich nicht laminiert in diesem dicken A4 Ordner im Regal stehen. Ich hinge lieber an der Wand und schaute meiner Mutter ab und zu bei der Arbeit zu.